Prognose zum Saisonende : Wie entwickelt sich der Gebrauchtbootmarkt?

Nils Leiterholt

 ·  25.09.2023

Vindö 32

Der Sommer 2023 wird vielen Seglern in Erinnerung bleiben, wenn auch in keiner guten. Auf den Stegen entlang der Nord- und Ostseeküste waren Gespräche über tagelange Zwangspausen wegen Starkwindphasen an der Tagesordnung. Und manch einer hat auf dem diesjährigen Sommertörn mehr Stunden im Ölzeug verbracht als üblicherweise im Herbst. Laut der Niederschlagsstatistik des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sind in einigen Regionen über 250 Prozent mehr Regen gefallen als im Durchschnitt früherer Jahre. Wer diesen Sommer als Entscheidungshilfe für einen angedachten Bootsverkauf nutzen wollte, wurde in seiner Absicht bestärkt.

Und noch ein zweiter Grund lässt den Blick auf den Bootsmarkt interessant erscheinen. In der noch gar nicht lange zurückliegenden Pandemiezeit ergab sich im Gebrauchtbootsektor eine spürbar veränderte Marktsituation. Viele hatten das Segeln und insbesondere ein eigenes Boot als Rückzugsort für sich entdeckt. Es wurde nahezu alles gekauft, was im Angebot war. Das Ende des Ausverkaufs bestimmte die immer schwieriger werdende Liegeplatzsituation. Sind all die Neueigner – insbesondere nach so einem Sommer – nach dem Wegfall der Corona-Maßnahmen auch langfristig daran interessiert, ihr Boot zu behalten?

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Krieg und Inflation bremsen die Kauflust

Wie also sieht es aktuell auf dem Gebrauchtbootmarkt aus? YACHT hat sich für Sie umgehört.

Henry Jacobs, Yachthändler aus Hamburg, berichtet, dass sich das magere Angebot wieder spürbar erholt habe. Es gebe deutlich mehr Boote auf dem Markt. Zwar sei die Zahl der Offerten noch nicht wieder ganz auf dem vorpandemischen Niveau angekommen, man sei aber gerade auf dem Weg dahin. Als Grund vermutet er die allgemeine Wirtschaftslage. „Die Corona-Welle ist durch. Der dadurch ausgelöste Boots-Boom ist vorbei und der Markt ist auf dem Weg gewesen, sich wieder zu normalisieren. Seit Februar und März ist die Nachfrage aber dahin“, sagt der Experte. „Die Inflation, die Energiepreise und der Krieg verunsichern die Menschen.“

Sonst sei der Frühling neben dem Herbstgeschäft die beste Zeit zum Verkaufen von Segelbooten gewesen. Außerdem zieht Jacobs einen Vergleich zur Weltwirtschaftskrise 2008/2009. Bei der hätten die Ausrüster und Charterfirmen Hochkonjunktur gehabt. Viele hätten sich nicht festlegen wollen und lieber gechartert. Außerdem seien die Leute in Krisenzeiten immer eher geneigt, in ihr Eigentum zu investieren, als große Neuanschaffungen zu tätigen. Eigner hätten daher etwa lieber neue Ausrüstung gekauft als ein neues Boot.

Aufgrund der angespannten ökonomischen Situation ist die Nachfrage nach Segelbooten momentan eher gering“ – Henry Jacobs, Yachthändler aus Hamburg

Anders sieht man es in Kappeln an der Schlei. So berichtet Jens Sommerfeld von yachthandel24.de: „Es wird gekauft, aber auch verkauft.“ Sommerfeld führt aus, dass er während der Corona-Pandemie durchaus hätte mehr verkaufen können, wenn es nicht an Nachschub gefehlt hätte. Das das so war, führt Sommerfeld darauf zurück, dass viele Eigner, die ihr Schiff eigentlich aus Altersgründen hätten verkaufen wollen, sich während der Pandemie aufgrund der gesundheitlichen Risiken doch eher unsicher waren, Interessenten zu treffen und das Boot zu verkaufen. Außerdem hätten viele ihr Schiff auch nur im Hafen liegend als Art Ferienwohnung weiterverwendet.

Große Yachten laufen im Winter, kleine Schiffe im Frühjahr

Auch Sommerfeld spricht davon, dass gerade, was das Angebot betrifft, der Stand von vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht sei. Er vermutet außerdem, dass die Nachfrage höher wäre, wenn es mehr Liegeplätze gäbe. Auf die Frage, welche Zeit für den Handel am besten sei, antwortet Jens Sommerfeld: „Die großen, höherpreisigen Schiffe in der Kategorie über 80.000 Euro lassen sich in den Wintermonaten besser verkaufen, da nehmen sich die Käufer mehr Zeit, um abzuwägen, ob das Schiff ihnen und ihren Bedürfnissen gerecht wird. Die kleineren Schiffe hingegen verkaufe ich vor allem im Frühjahr: Da wird auch einigen Leuten erst bewusst, dass sie für die neue Saison noch ein Schiff brauchen.“ Im Gespräch wird deutlich, dass Jens Sommerfeld der Zukunft ziemlich entspannt entgegensieht.

Auch den Inhaber und Gründer von Boat24, Martin Dotti, haben wir um eine Einschätzung gebeten. Er berichtet, dass seine Internetseite seit Oktober 2022 einen deutlichen Zuwachs an Anzeigen verzeichne. Dotti sagt aber auch, dass die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen, gut ausgerüsteten Segelyachten, insbesondere für längere Auszeiten auf dem Meer, trotz des erhöhten Angebots auf dem Markt ungebrochen sei.

Obwohl der Gebrauchtbootmarkt seit Ende 2022 ein erhöhtes Angebot verzeichnet, bleibt die Nachfrage stark“ – Martin Dotti, Gründer und Inhaber von Boat24.com

Während auf Boat24 Mitte August 2021 im vergangenen Jahr 2.582 Segelboote gelistet waren, lag die Zahl 2022 bei 2.408 Segelbooten, hat also um 6,74 Prozent (174 Boote) abgenommen. Zum Jahr 2023 nahm die Zahl hingegen zu und betrug 2.908 Segelboote. Der Anstieg lag also bei 20,76 Prozent (500 Booten). Von 2021 bis 2023 zeigt sich in Summe daher mit 12,63 % Prozent Zuwachs (326 Boote) ein erheblicher Sprung.

Martin Dotti berichtet außerdem von einem Anfrage-Plus gegenüber dem Vorjahr von zehn bis 15 Prozent. Um die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie auf den Gebrauchtbootmarkt zu bewerten, sei der jetzige Zeitpunkt aber noch zu früh.

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